Als entschieden ist, dass meine nächste Reise nach Mexiko geht, beginne ich zu recherchieren wen ich für meinen nächsten Blogartikel besuchen und interviewen könnte.
Durch Zufall komme ich auf Plant-for-the-Planet und Felix Finkbeiner. Darüber habe ich vage Informationen – waren das nicht die mit den 1€ Bäumen? Ist Plant for the Planet seriös? Gab es nicht Kritik an Plant for the Planet?
Wurde Plant 4 the Planet nicht dafür kritisiert , dass das Versprechen 1€ = 1 Baum nicht realistisch sei? Ich beginne zu recherchieren – und stelle bald fest: PFTP wurde nicht nur dafür kritisiert – es bleibt spannend.
Zunächst schaue ich mir die Filme an, die PFTP selbst zur Verfügung stellt. Erstaunt stelle ich fest, dass Felix schon als 9jähriger die Idee hatte, etwas gegen den Klimawandel zu tun (Felix Finkbeiner wurde 1997 geboren, Quelle u.a. Wikipedia). Er hielt eine Rede vor Schokoladenfabrikanten und bat um Spenden für eine „Zukunftssteuer“.
Schon mit 13 Jahren sprach er auf der UN-Klimakonferenz, ein Jahr später vor der UN-Generalversammlung. Er gründete nicht nur Plant for the Planet sondern auch noch „Die gute Schokolade“, eine Schokolade die Spendengelder für Baumpflanzaktionen generiert – und machte noch so einiges mehr.
Je mehr ich recherchiere, desto beeindruckter bin ich.
Fast foward (vorgespult) ins Jahr 2020 ein Zeitartikel schreibt über PFTP in Mexiko es handele sich um einen „Märchenwald“ – es werde nicht aufgeforstet, auf den Flächen sei bereits Wald. Doch waren die Autor:innen des Artikels überhaupt vor Ort oder haben mit der Plant for the Planet Foundation gesprochen? Wie auch immer: Der Skandal ist da. (Quelle: https://www.zeit.de/2020/53/plant-for-the-planet-klimaschutz-organisation-mexiko-spendengelder )
Kurz darauf macht sich ein Filmteam aus Deutschland auf den Weg um zu prüfen, was an den Vorwürfen dran ist. Und stellt fest: vieles der Kritik ist nicht haltbar. Der Wald ist da, die gepflanzten Bäume sind da. Felix Finkbeiner beantwortet dem Reporter geduldig und freundlich alle Fragen, geht auf Zweifel ein und zeigt Verständnis für Unsicherheiten. Demonstriert Landkarten und Bäume – es gibt sie, sie wurden und werden gepflanzt. (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=_J34lXxrp_o )
Nochmal 3 Jahre weiter: Ich bin ohnehin in Mexiko, also will ich mir das Ganze natürlich mit eigenen Augen anschauen. Zunächst nehme ich Kontakt mit der Kommunikationsabteilung auf. Und habe Glück: Felix kommt in der Zeit, in der ich in Mexiko bin, auch hierher. Das Interview ist gesichert, der Besuch bestätigt. Ich freue mich wie Bolle.
Und so geht es im März 2023 früh morgens nach Constitución, denn wir (das sind Eva Helmeth von MON COURAGE und ich) sind um 7.30 Uhr eingeladen, mit allen zu frühstücken. Wir sind überpünktlich und werden von Ivett Reynoso und Antonio Dominguez empfangen.
Ivett bringt uns gleich zu Francisco David Grifaldo Poot in die Küche, wo wir als erstes beim Buffett zuschlagen dürfen. Es gibt Pancakes (die hier Hotcakes heißen) mit gesüßter Kondensmilch, dazu gebratene Bananen. Außerdem Schinken-Käse-Sandwiches, Obst und Horchata, einer Art gesüßter Reismilch, die in Mexiko häufig getrunken wird. Als Beilage gibt es eingelegtes Gemüse mit Jalapeños – ganz schön scharf und auch sehr lecker.
Bald gesellen sich Anna Gee, die ihre Doktorarbeit hier schreibt, und etwas später Felix zu uns. Wir kommen sofort ins Gespräch über alles Mögliche – beginnend mit Evas Firma MON COURAGE und ihrem Produkt Stixx To Go, einer festen allround Körperpflege für Reisende, bestehend aus rein natürlichen Zutaten. Eva reist zur Zeit zu den
Ursprüngen der 26 Inhaltsstoffe, um die Produzent:innen kennenzulernen. Die Suche nach der Herkunft der Jojoba-Pflanze hat sie nach Mexiko gebracht.
Wenig später dreht sich unser Gespräch dann um Felix Doktorarbeit, die sich mit dem Wachstum von Bäumen und der Rolle des Boden-Mikrobioms beschäftigt. Ein spannendes Thema, über das alleine ich mit Felix wahrscheinlich stundenlang sprechen könnte. Vor kurzem habe ich „Das geheime Leben der Bäume“ von Peter Wohlleben gelesen. Peter Wohlleben, selbst Förster, fasst darin unterhaltsam (und manchmal stark vereinfacht) aktuelle Forschung rund um Bäume, Wald und die Pflanzenwelt zusammen. Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen, gleichzeitig Widerstände bei mir gemerkt – ob der Autor nicht doch etwas übertreibt, wenn er davon schreibt, Bäume könnten zählen? Naja, unsere grünen Freunde werden vielleicht etwas zu sehr vermenschlicht. Doch Felix meint „Die Welt mit Peter Wohlleben ist eine bessere, als ohne ihn“ – denn der schreibende Förster hat durch seine anschaulichen Sachbücher die Wertschätzung für Bäume und Wälder deutlich erhöht.
Danke dafür, lieber Peter!
Auch wenn es spannend ist, über Grundlagenforschung rund um Wiederherstellung und Renaturierung von Wäldern zu sprechen – wir sind ja hier, um die Pflanzungen und Bäume in Augenschein zu nehmen, also geht es jetzt nach draußen.
Felix öffnet die Tür hinter dem Frühstückstisch und gibt uns einen Überblick über die Prozesse.
Von der Baumbestimmung in den Wäldern, über die Sammlung und Aufbereitung der Samen, dem Züchten der Setzlinge bis hin zu den Pflanzgebieten werden wir heute alles besichtigen können.
Zunächst gibt uns Felix einen Überblick darüber, wie die Prozesse bei der Samengewinnung und Züchtung hier ablaufen: Planning, Monitoring, Collection, Processing, Cleaning and Selection of Seeds, Storage, Germination
- Beeindruckend: Die Anzahl der Baumsorten und -samen
- Herausfordernd: viel mehr Sorten, viel weniger Differenz
- Die Menschen dahinter: Die Menschen hinter PFTP Mexicó
Eine der Herausforderungen ist, dass es die Bäume oder deren Samen nicht einfach in einer Baumschule zu kaufen gibt. Also hat PFTP über die Jahre ein Team von Biolog:innen aufgebaut, die sich ganz speziell auf diesen Gebiet auskennen. Sie haben die Gebiete erforscht, die wieder aufgeforstet werden sollen. So haben sie ein vergleichbares Gebiet in der Nähe genau angeschaut und kartographiert: was wächst da alles? Welche Sorten und in welcher Häufigkeit? Sie haben Bäume gezählt und über die Jahre auch eine Karte erstellt, welche Baumsorte wo wächst – vor allem jene, die nicht so häufig sind. Da ist es dann auch wichtig zu wissen, wann genau die Samen reif sind. Nur so können sie rechtzeitig geerntet und verarbeitet werden.
Die Sortenvielfalt ist riesig – PFTP sammelt inzwischen von über 36 Sorten. Die Herausforderung dabei ist, dass manche Baumsorten sich sehr ähnlich sehen. Anders als in Deutschland, wo die Sortenvielfalt um ein vielfaches geringer ist und ein Ahorn gut von einer Eiche zu unterscheiden ist. Und selbst in Deutschland wird es für den ungeübten Waldbesucher eine Herausforderung, zu wissen, dass eine Hainbuche keine Buche, sondern ein Birkengewächs ist – das einer Buche nur sehr ähnlich sieht (wieder was gelernt!). Es braucht also die Profis, die persönlich in die Wälder gehen, die Bäume genau bestimmen – manchmal sogar mit der Lupe (ja, manchmal braucht es sogar eine Lupe, um so ein großes Lebewesen wie einen Baum eindeutig zu bestimmen).
Wir sprechen mit Luis Enrique Hernandez de la Cruz.
Der Biologe hat früher in einem Hotel gearbeitet, doch dann kam Corona und jetzt ist er froh, hier zu sein. Er ist auch zuständig für die Trockenkammer – die hier „gegrillten“ Samen eignen sich nicht mehr zur Fortpflanzung. Sie werden zu Forschungszwecken untersucht, aufbewahrt und an andere Forschungseinrichtungen weitergeben.
Gemeinsam mit einem Team von weiteren Biolog:innen (Ricardo Gaumer Araujo, head of the Germplasm Program. Evaristo Samudio Aguilar, team leader. Martín Alberto Quetz Salazar, field technician. Laura Gómez Gómez) sammelt er die Samen und bereitet sie für die Baumschule vor. Ein Teil des Teams ist gerade im Wald unterwegs, während ein Teil hier sitzt und Samen aus Schoten pult oder die harte Schale knackt wie eine Nuss.
„Manchmal wissen wir nicht, wie der Baum am besten wächst. Hier zum Beispiel haben wir einen Samen, den wir versuchsweise sowohl mit der harten Hülle einpflanzen als auch ohne. Und dann schauen wir einfach, wie er besser wächst. Das wird dann dokumentiert, so dass das Wissen aufbewahrt und anderen Organisationen zugänglich gemacht werden kann.“
Weiter geht es zur Baumschule – hier werden die gesammelten Samen in kleinen Töpfen vorgezogen und für die Auspflanzung vorbereitet.
Ende Teil 1 – Fortsetzung folgt