Fairer Handel

Das Projekt einer Nonne machte den Anfang

Besuch bei der Fairtrade Näherei Miquelina in Bogotá

Nach einer spannenden Taxifahrt durch die weniger schönen und auch nicht ganz so sicheren Stadtteile Bogotás stehe ich vor den Toren einer Universität. Die Dame an der Pforte ruft bei meiner Kontaktperson Sandra an und erklärt mir den Weg über das wie ein Schulhof anmutende Gelände. Viele Jugendliche in Schuluniformen stehen herum oder spielen Fußball, die Atmosphäre hinter den hohen Mauern ist lebhaft.

Dann sehe ich Sandra, eine kleine Frau mit freundlichen Augen. Im Konferenzzimmer bietet sie mir einen Platz und einen Kaffee an – einen „Tinto“, den für Kolumbien so typischen schwarzen Kaffee, meist eher etwas schwächer gebrüht als bei uns in Deutschland. Aus einer kleineren Tasse wird er hier mit viel Zucker getrunken.

Ich erzähle Sandra ein bisschen über mich und die Artikel, die ich für meinen Blog schreiben werde. Den Kontakt zu ihr habe ich über Olga von „La Cucaracha“ (hier klicken um zum Artikel über Olga zu kommen) bekommen. Und dann erzählt Sandra mir von „Miquelina“, einer Firma, die Frauen in schwierigen Lebenssituationen unterstützt. Gegründet wurde Miquelina 1977 von einer Nonne, die Frauen von der Straße holte und ihnen eine Perspektive jenseits von Prostitution und Gewalt bieten wollte. In armen Ländern wie Kolumbien sind es besonders Frauen, die leicht in gefährliche und abhängige Verhältnisse geraten. Hier bei Miquelina können sie diesen Situationen entfliehen, durchlaufen zunächst ein Programm, um ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und können am Ende Arbeit finden – entweder in einer Bäckerei oder hier in der Näherei. Aktuell nähen hier 170 Frauen  Outdoorkleidung für die die britische Firma „Páramo“[1].

Miquelina ist auf meiner diesjährigen Reise durch Kolumbien die einzige Fairtrade zertifizierte Firma, die ich besuche. Wie haben sie das geschafft? Sandra zeigt auf eine Plakette und sagt: „Mit Hilfe der Caritas, die haben uns sehr unterstützt, das WFTO Siegel zu bekommen. Es ist wirklich nicht einfach, dieses Zertifizierung zu bekommen. Außer uns gibt es nur noch eine weitere Firma in Kolumbien, die es hat, nämlich Fruandes[2]“.

Dann gehen wir in die Fabrik, und ich erlebe den ganzen Herstellungsprozess einer Jacke. Er beginnt hier oben neben dem Konferenzraum, wo die neuen Designs entwickelt werden.

Hier oben, hoch über den Näherinnen entstehen die neuen Designs.

Viele farbenfrohe Jacken und Pullover hängen auf Bügeln oder liegen auf Tischen. Dann geht es weiter zum Zuschnitt, wo die Stoffe von großen Rollen geschnitten werden. Die Hauptarbeit ist jedoch das Nähen. Konzentriert sitzen die Frauen an langen Tischen und fügen geschickt die verschiedenen Teile der Jacke zusammen.

In dieser Halle werden die Jacken für Paramo von kolumbianischen Näherinnen gefertigt.

„Und jetzt kommt das Spannendste“ sagt Sandra und führt mich über den Hof in eine viel kleinere Halle. „Hier werden die Jacken wasserdicht“ sagt sie, während eine Mitarbeiterin Wasser auf eine unbehandelte Jacke sprüht, das sofort ins Gewebe eindringt. „Siehst du, da geht das Wasser noch rein und dann“ sagt sie, und zeigt auf riesige Industriewaschmaschinen, während die Mitarbeiterin eine andere Jacke holt „werden die Jacken imprägniert und sind hinterher wasserdicht, siehst du?“. Die Mitarbeiterin sprüht Wasser auf eine Jacke, die schon behandelt wurde und siehe da, das Wasser perlt ordnungsgemäß ab – beeindruckend!

In diesem Raum werden die Jacken wasserdicht gemacht.

„Wir wollen gerne auch nach Deutschland exportieren, aber bei euch sind die Grenzwerte für bestimmte Chemikalien strenger und die halten wir noch nicht bei allen Produkten ein, aber einige Produkte gibt es schon“ sagt sie und zeigt mir einen Anhänger mit deutscher Schrift und dem Caritaslogo. Von der Firma Páramo hatte ich bisher noch nichts gehört, geschweige denn, das Produkt in einem Laden gesehen, nehme mir aber vor, in Zukunft darauf zu achten. Denn immerhin kenne ich jetzt die Produktionsbedingungen der Mitarbeiterinnen und bin davon überzeugt, dass sie hier besser sind als an anderen Produktionsstätten. Ich weiß, dass die Frauen hier mehr als den Mindestlohn bezahlt bekommen, dass die Arbeitsbedingungen gut sind und ein Teil des Gewinns in soziale Projekte fließt[3], die der umliegenden Gemeinde zu Gute kommt. In einem Viertel in Bogotá in dem wirklich nicht jede und jeder die Chance auf ein gutes Leben hat, wo Prostitution und Drogenabhängigkeit die Lebensrealität vieler Menschen prägt, gibt es hier fast eine Oase, mindestens aber einen Ort der Hoffnung auf ein besseres Leben.


[1] https://fruandes.com/


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